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2012-07-05

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Nordrhein-Westfalen (ÖPNVG-NRW)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/57

Plenarprotokoll der Rede

Videomitschnitt der Rede

Oliver Bayer (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuschauer auf der Tribüne, am Stream und auf diversen Videoplattformen! Vielen Dank übrigens auch fürs Hochladen.

Lebenswerte Städte, die mehr als Parkraum bieten, Mobilität für alle Menschen, unabhängig von ihrer räumlichen, finanziellen und gesundheitlichen Situation, viele ökologische, ökonomische und soziale Ziele in NRW – das alles erreichen wir nur durch eine Weiterentwicklung des Verkehrs mit dem öffentlichen Personenverkehr im Mittelpunkt.

Wie Sie wissen, wollen wir Piraten darauf hinarbeiten, dass NRW als Vorbild frühzeitig auf diese Herausforderungen reagiert. Der Verkehr wird sich so oder so wandeln. Wir können das passieren lassen oder gestalten. Ja, ich meine auch unseren Vorschlag – ich erwähne das hier nur kurz –, in einem Modellversuch festzustellen, wie sich Nutzung und städtisches Leben ändern, wenn Bus und Bahn jederzeit und flexibel ohne Fahrschein genutzt werden können. Wir rechnen da langfristig mit einem Gewinn für Gesellschaft und Wirtschaft.

Auf dem Weg dorthin – vorübergehend – wären einheitlichere Tarifstrukturen für viele Menschen in NRW ein großer Gewinn, ein richtiges NRW-Ticket zum Beispiel, das zeitlich auch von Minden bis Aachen funktioniert.

Schön, dass das Gesetz einheitliche Gemeinschaftstarife forcieren und konstruktiv voranbringen will. Es sieht auch Sanktionen vor. Allerdings ist nicht konkret genug definiert, in welchem Fall diese Kürzungen genau erfolgen sollen. Auch sinnvoll im vorliegenden Gesetzentwurf ist, den RRX, den Rhein-Ruhr-Express, zu verankern, um den überfälligen Ausbau der Eisenbahninfrastruktur an den derzeitigen Schwachstellen voranzutreiben.

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Herr Abgeordneter, entschuldigen Sie, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Oliver Bayer (PIRATEN): Ja.

Mario Krüger (GRÜNE): Sie hatten sich gerade noch einmal für den ticketlosen Nahverkehr ausgesprochen. Ich hätte gerne von Ihnen gewusst, wie hoch die Aufwendungen des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr sind. Vielleicht können Sie uns das mitteilen und einen Vorschlag machen, wie Sie das gegenfinanzieren wollen.

Oliver Bayer (PIRATEN): Wir haben in NRW zum Beispiel das Semester-Ticket. Das funktioniert umlagefinanziert. Das heißt, insgesamt würden auf jeden Bürger in NRW ungefähr 13,00 € – einmal ganz grob geschätzt – zukommen. Man kann natürlich auch noch andere Gegenfinanzierungen herauskramen. Man kann dafür City-Maut-Mittel einsetzen, man kann die Verkehrswendedividende, also freie Parkflächen und so weiter, einbeziehen. Wir sehen das ja in anderen Städten wie Tübingen, wo der Bürgermeister von den Grünen genau das machen möchte,

(Beifall von den PIRATEN)

nämlich einen umlagefinanzierten, fahrscheinlosen ÖPNV einführen. Das ist also anscheinend nicht unrealistisch.

(Beifall von den PIRATEN)

Ich hoffe indes, dass beim Rhein-Ruhr-Express – da war ich eben –, bei der wohl zunehmenden Fokussierung auf den Schienenverkehr und auf Rhein-Ruhr, der Raum Westfalen-Lippe und der Busverkehr in vor allem ländlichen Gebieten nicht vernachlässigt werden. Ein attraktiver ÖPNV und Mobilität für alle – darf nicht nur für die Metropolregionen gelten.

(Beifall von den PIRATEN)

Zur meist diskutierten Änderung: Die SPNV-Pau­schale soll zukünftig auf Grundlage einer Rechtsverordnung festgelegt werden – für mehr Flexibilität und schnelle Reaktionen. Das klingt ganz toll. Ich verstehe die Argumentation. Wir müssen uns aber vor einer sukzessiven Entdemokratisierung in Acht nehmen,

(Beifall von den PIRATEN)

auch wenn Herr Groschek sagt, dass das keine Bevormundung sein soll.

Das Inachtnehmen betrifft übrigens auch, was die verfahrensökonomischen Gründe anbelangt, die Absicht, den ÖPNV-Infrastrukturfinanzierungsplan nicht mehr einvernehmlich mit dem Verkehrsausschuss des Landtags zu erstellen. Ich habe eben mitgenommen, dass wir darüber sprechen werden. Auf jeden Fall müssten der Rechtsverordnung transparente und nachvollziehbare Verteilungskriterien zugrunde liegen, damit nicht etwaiger Willkür Tür und Tor geöffnet ist. Dies muss das Gesetz verlangen. Demokratie und Transparenz sind auch hier wichtig. Herr Ott hat insoweit recht.

Eine Rechtsverordnung ist dabei allerdings erst einmal der falsche Weg und trägt nicht automatisch zu mehr Transparenz und Demokratie bei.

Wir haben noch weitere Änderungswünsche. Beispielsweise wünschen wir uns – wie an anderer Stelle bereits geschehen –, für die Zugänge zur Infrastruktur verpflichtend Barrierefreiheit zu verlangen und die Barrierefreiheit nicht nur wie jetzt im Gesetzentwurf als Soll zu definieren. Die guten Vorsätze des Aktionsplans „Eine Gesellschaft für alle – NRW inklusiv“ müssen auch hier konsequent umgesetzt werden.

Ich freue mich darauf, mit Ihnen zusammen das Gesetz im Ausschuss weiter bearbeiten zu können. Stimmen Sie dafür, und lassen Sie uns langfristig gute Ideen zusammenkopieren, um Lebensqualität, Mobilität und Gerechtigkeit in NRW zu verbessern. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege Bayer. Das war Ihre Jungfernrede im Landtag von Nordrhein-Westfalen. Dazu herzlichen Glückwunsch im Namen des Hohen Hauses.

(Allgemeiner Beifall)

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 16/57