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Bürgerbeteiligung A1-Brücke Leverkusen: Die Sache mit dem verkürzten Klageverfahren

Bürgerbeteiligung A1-Brücke Leverkusen: Die Sache mit dem verkürzten Klageverfahren

Einige Verkehrsminister scheinen Gefallen daran zu finden, ein „verkürztes Klageverfahren“ bei Bauprojekten einzusetzen, um mal eben schneller voranzukommen, wenn die Politik zuvor jahrelang geschlafen hat. So machen das Olaf Lies in Niedersachsen und auch Michael Groschek in NRW: „Verkehrsminister Michael Groschek spricht sich für verkürzte Klageverfahren aus, um den Neubau von maroden Straßenbrücken zu beschleunigen“ berichtete die Verkehrsrundschau und heute – auf die A1-Brücke bezogen – auch der WDR. Gerade heute konnte ich auch endlich das Ausschussprotokoll des Verkehrsausschusses im Landtag NRW vom 26.06.2014 abrufen. An dem Tag hatten wir im Ausschuss über dieses „verkürzte Klageverfahren“ heftig diskutiert. Die indirekte Rede gibt das leider nicht ganz so gut wider. Meine Anmerkungen, Bürgerbeteiligung brauche langfristig aufgebautes Vertrauen und ein verkürztes Klageverfahren gehöre sicherlich nicht dazu, veranlasste Minister Groschek und meine Abgeordnetenkollegen zu wilden Verteidigungsreaktionen und Hinweisen, es ginge ja nur um unerwünschte Bürgerbeteiligung.

Hier ein paar Auszüge aus dem Protokoll:

Minister Michael Groschek: Ich bin davon überzeugt, dass wir das Klageverfahren verkürzen müssen, damit der Brückenersatzbau nicht zum Marathonlauf wird. Denn das können sich weder Wirtschaft noch Pendler und schon gar nicht das Rheinland als betroffene Region erlauben.“

[alle anderen Abgeordneten sagen zunächst nichts dazu]

Oliver Bayer (PIRATEN): Des Weiteren habe er den Ausführungen entnommen, dass für Ersatzbauwerke generell verkürzte Klageverfahren gelten sollten. Dies müsse aber mit mehr Transparenz und mit viel mehr Aufwand bei der Initiierung solcher Verfahren einhergehen. Im Grunde genommen würden neue Konzepte benötigt, um die Bürgerinnen und Bürger an solche Projekte heranzuführen und langfristig Vertrauen zu gewinnen. Derzeit gebe es ja ein generelles Problem mit Bürgerbeteiligung, weil es ein großes Misstrauen gegenüber der Politik gebe. Dies sei ja zum Teil selbst verschuldet und könne nur sehr langsam wieder aufgebaut werden. Von daher müssten vor allem positive Signale gesetzt werden. Ein verkürztes Klageverfahren gehöre sicherlich nicht dazu. Einfach nur ein verkürztes Klageverfahren einzuführen, wäre kontraproduktiv für alle Folgeprojekte, denn dann werde es noch mehr Widerstand geben, zumal die Erneuerung von Brücken nicht überraschend komme, weshalb man nicht den klagenden Bürger dafür verantwortlich machen könne. Von daher brauche man Serviceorientierung. Dies bedeute neue Konzepte und mehr Aufwand bei den Verfahren. [..]

Jochen Ott (SPD): Völlig unverständlich finde er die Meinung der Piraten, dass das Klageverfahren nicht verkürzt werden sollte. Es müsse darum gehen, so schnell wie möglich die Brücken zu sanieren. Und hier helfe es nicht weiter, wenn Bürgerbeteiligungen dazu führten, die Prozesse jahrelang zu verzögern. Insofern müsse es jetzt in erster Linie darum gehen, die Dramatik auf Bundesebene zu verdeutlichen und darauf hinzuwirken, den Prozess zu beschleunigten. Auch er halte Bürgerbeteiligung für wichtig, aber man befinde sich in einer Notsituation.

Arndt Klocke (GRÜNE) betont, er habe den Minister nicht so verstanden, dass für Verkehrsprojekte grundsätzlich verkürzte Planungszeiten angestrebt würden, sondern es handele sich um eine Ausnahmesituation, für die es entsprechende Möglichkeiten geben müsse. Bürgerbeteiligung sei es hohes Gut. Insofern teile er die Auffassung des Abgeordneten Bayer hinsichtlich der Transparenz. Allerdings müsse vor dem Hintergrund der Probleme in der Tat eine rechtliche Änderung erfolgen. Er gebe auch zu bedenken, dass aufgrund der Notwendigkeit, Umwege zu fahren, sehr viel mehr Kraftstoff verbraucht werde. Insofern müsse hier eine Abwägung erfolgen.

Bernhard Schemmer (CDU): Benötigt würden rechtssichere Planungsbeschleunigungsmaßnahmen über alle Bereiche des Verkehrs, damit die Maßnahmen schneller umgesetzt werden könnten. In der Tat dürfe es keine ellenlangen Rechtsstreitigkeiten geben. Auch er finde Bürgerbeteiligung wichtig, aber nach Abschluss der Planungen müsse schnell mit dem Bau begonnen werden.

Holger Ellerbrock (FDP) unterstützt die Ausführungen des Abgeordneten Ott. Schuldzuweisungen führten nicht weiter und brächten keinen politischen Vorteil. Es komme darauf an, so zügig wie möglich zu handeln. Insofern stelle sich die Frage, inwieweit die Möglichkeit bestehe, gesetzliche Regelungen zu treffen, um die Planungen zu beschleunigen. Auch seiner Meinung nach müsse es rechtssichere Planungsbeschleunigungen geben. Es könne nicht richtig sein, hier wie selbstverständlich über Planungshorizonte von zehn bis 15 Jahren zu reden. Natürlich müsse es eine intensive Information der Bürgerinnen und Bürger geben. Aber es müsse zur Kenntnis genommen werden, dass es am Rand der Gesellschaft 10 % gebe, denen es nicht um Inhalte, sondern um Verzögerung gehe. Diese Erfahrungen mache man im Bereich Straßenbau schon seit Jahrzehnten.

Oliver Bayer (PIRATEN) macht deutlich, dass es nicht nur um mehr Bürgerbeteiligung und schnellere Verfahren gehe, sondern es komme noch viel mehr hinzu. So müsse beispielsweise der Aufwand erhöht werden. In der Tat gehe es um den Lebensnerv in einer Industriegesellschaft. Hier sollte sowohl die schnelle Umsetzung als auch die Bürgerbeteiligung sehr wichtig sein.

Minister Michael Groschek: „Was muss erreicht werden? – Für die Ersatzneubauten – nicht für alle Infrastrukturmaßnahmen – braucht man ein verkürztes Klageverfahren, was man glaubwürdig darstellen kann und was der Bund dann umsetzen müsste, möglichst mit einer breiten Rückendeckung.“