Independence Day für den ÖPNV: Enquete im Landtag NRW wird eingerichtet
Am Freitag, 4. Juli 2014 stimmte der Landtag NRW einstimmig für den Antrag der Piratenfraktion zur Einrichtung einer Enquete-Kommission zu Finanzierungsoptionen des Öffentlichen Personenverkehrs in Nordrhein-Westfalen im Kontext des gesellschaftlichen und technischen Wandels (FINÖPV).
Die Finanzierung von Infrastruktur ist ein großes Thema der nächsten Jahre. Und die Bedeutung des Themas wird mit dem Handlungsdruck zunehmen.
Die Finanzierung des ÖPNV wird in der aktuellen Debatte noch völlig ausgeklammert, obwohl hier dringende Fragen beantwortet werden müssen, die sich nicht von selbst lösen.
Gleichzeitig werden immer neue Anforderungen an den ÖPNV gestellt: Er soll nachhaltig, klimaschonend und barrierefrei sein, allen Menschen Zugang zu Mobilität ermöglichen und helfen, haushaltsschonend den Verkehrskollaps zu verhindern. „Mehr Leistung, weniger Geld“ lautet die aktuelle Devise und das funktioniert so einfach auf Dauer nicht.
Wir möchten jetzt fraktionsübergreifend die Finanzierung des ÖPNV nach Vorne bringen… und in den Mittelpunkt einer Enquete-Kommission stellen.
Eine Enquete-Kommission bietet sich immer an, wenn ein Thema langfristig und dauerhaft angegangen werden muss. Wir im Landtag wollen Umwelt- und Klimaschutz, Teilhabe, aber auch verantwortungsvoll mit unserer Infrastruktur umgehen. Wir wollen einen starken ÖPNV.
Mit der Enquete-Kommission holen wir den ÖPNV zurück in den Landtag. Denn unsere Aufgabe im Landtag ist es, endlich die Finanzierungsprobleme zu lösen. Für Mehr Mobilität in NRW. Dies wollen wir in Zukunft garantieren.
UPDATE: Meine Rede im Plenum zu unserem Antrag und die Reden der anderen Fraktionen als Video:
Mein Manuskript sah so aus – inklusive der Hervorhebungen für das Vortragen:
Sehr geehrter Herr Präsident,
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
- Entschuldigen Sie die Verspätung.
- Beschwerden bitte an:
- Marode Infrastruktur, Bundesverkehrsministerium, Berlin
Diese Worte stehen auf einem Bus und einer Straßenbahn in Essen.
Letztens hatten wir eine Anhörung zu unserem entsprechenden Antrag vom Dezember hier im Landtag und alle Sachverständigen waren sich darin einig, dass die Bundesregierung die kritische Lage der Finanzierung des Erhalts – die Unterfinanzierung – der ÖPNV-Infrastruktur in NRW und die finanzielle Lage unserer Kommunen nicht nur scheinbar völlig falsch einschätzt, sondern fahrlässig ignoriert.
Die Lösung eines absolut dringenden Problems, welches nicht abstrakt ist, sondern tagtäglich millionen Pendler in NRW direkt betrifft, wird in die nächste Legislaturperiode vertagt.
Doch wenn wir es bei der Kritik an der Bundesregierung belassen, machen wir es uns hier zu einfach. Wir erreichen auch nichts, wenn wir allgemeine Forderungen nach mehr Geld stellen oder immer wieder die katastrophale Lage benennen.
In den letzten Monaten haben außerparlamentarische Kommissionen viele Vorschläge zur Verkehrsfinanzierung gemacht. Lassen Sie uns auf Basis dessen einen Schritt weiter gehen.
Welche Vorschläge lassen sich hier im Landtag in Handlungsempfehlungen überführen?
Wo können und wo müssen wir hier im Land NRW aktiv werden und z.B. notwendige Rahmenbedingungen schaffen? Für Nahverkehrsabgaben, Fonds oder ÖPP; Modellprojekte, Umstrukturierungen und Finanzierungsoptionen, an die wir gerade noch gar nicht denken.
Lassen Sie uns auch bedenken, dass sich die Mobilität in NRW wandelt. Wir wollen die Klimaschutzziele erreichen, eine langfristige Finanzierbarkeit sicherstellen, und vor allem den Pendlern den Weg zur Arbeit erleichtern.
Wir haben auch neue technische Möglichkeiten durch Smartphones, Telematik und – vielleicht gar nicht so weit entfernt – autonomes Fahren. Es gibt bereits jetzt neue Anbieter und neue Mobilitätskonzepte im Mobilitätsmarkt, die noch vor wenigen Jahren niemand erwartet hätte.
So wie der Kommunikationsmarkt Mitte der 90er in den Startlöchern stand, so steht der Mobilitätssektor heute vor neuen Chancen und Perspektiven. Lassen Sie uns jetzt das Startsignal dazu geben. Zusammen in und mit der Enquete.
Es gibt also heute bereits neue Mobilitätskonzepte. Diese Entwicklungen betreffen direkt oder durch die Integration in multimodale Konzepte den ÖPNV. Der ÖPNV ist zugleich das Element, um das sich auf Grund der Daseinsfürsorge die Politik kümmern muss. Wir stellen daher den ÖPNV und den ÖPV insgesamt in den Mittelpunkt der Enquete-Kommission.
Gleichzeitig lassen sich die Finanzierungsmodelle der Vergangenheit nicht einfach fortführen. Selbst wenn wir sicherlich unterschiedlich über die vergangene und zukünftige Verkehrspolitik urteilen. Dass der Instandhaltungsrückstau im Bereich des ÖPV nicht einfach verschwindet, dürfte uns klar sein.
Wir brauchen also Finanzierungideen für den ÖPV in NRW, wir brauchen Analysen möglicher Szenarien und Zukunftsmodelle. Und wir brauchen einen Transfer der bestehenden Erkenntnisse in die Politik. Wir brauchen eine politische Bewertung und müssen konkrete politische Handlungsempfehlungen daraus ableiten.
Dabei müssen wir den gesellschaftlichen und technischen Wandel berücksichtigen. Wir werden erkennen, ob wir nur ein Umsetzungsproblem haben und dort einmal anpacken oder ob wir nicht doch auch neue Erkenntnisse gewinnen können.
Ich versichere Ihnen, dass wir sehr offen und transparent alle Möglichkeiten für den ÖPV beleuchten und uns unbequemen Antworten nicht verschließen werden. Wir werden die Zeit nutzen, gemeinsam konzentriert an dem Thema zu arbeiten und Ergebnisse zu erzielen, die für die Pendler und alle Verkehrsteilnehmer in NRW langfristig einen echten Nutzen bringen.
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