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#Klimastreik – Alles eh schon zu spät?

#Klimastreik – Alles eh schon zu spät?

Am Freitag war wieder Klimastreik für alle. Warum ist es noch immer wichtig, da mitzumachen? Ist nicht bereits alles gesagt? Hat nicht irgendsoein Bericht der Regierung gezeigt, dass sich Deutschland bereits um 1,5 Grad erwärmt hat? Ist damit nicht alles klar? Die Zweifler überzeugt?

Ich befürchte: Nein.

Die meisten Menschen wissen, dass es den menschengemachten Klimawandel gibt. Doch viele haben resigniert: Sie glauben, dass man jetzt eh nichts mehr machen kann.

Dazu kommt, dass es in der Gesellschaft etwas viel schlimmeres gibt, als nichts zu tun: zu heucheln. Wer Klimaschützerin oder Klimaschützer sein will, hat nach gängigen Moralvorstellungen bitteschön perfekt zu sein. Eine Flugreise machen und zwei Tage später zum Klimastreik: unmöglich!

Und da niemand perfekt ist und niemand eine Heuchlerin oder ein Heuchler sein will und ja eh schon alles zu spät ist, wird es nicht einfach, sich für den Klimaschutz einzusetzen. Derweil wird die Klima-Mach-mich-nicht-an-Gegenbewegung immer stärker. Denn Klimawandel-Leugnende haben es leicht: Sie machen weiter wie bisher und brauchen sich um moralische Fragen nicht zu kümmern. Die Leugnenden wirken viel glaubwürdiger als der Umweltschützer, der mit einem Coffee-To-Go-Becher erwischt wird. Das ist fatal.

Klar, gar keine Flugreise zu machen, wäre besser. Aber besser als eine Flugreise und aus Scham nicht zur Demo zu gehen, ist es, trotz Flugreise Flagge für den Klimaschutz zu zeigen und beim Klimastreik mitzumachen. Trotz Coffee-To-Go-Becher.

Wenn Du nicht perfekt bist, aber etwas tun kannst und zum Klimaschutz beitragen kannst, dann tu es!

Wenn sich andere Menschen für den Klimaschutz einsetzen, dann nimm es ihnen nicht krumm, wenn sie sich nicht immer so verhalten, wie Du es von einer perfekten Klima-Aktivistin erwartest. Immerhin haben sie wenigstens mit der Wende zum Wandel angefangen.

Fünf nach Zwölf

Auf Fünf nach Zwölf hat Extinction Rebellion den Wecker gestellt. Es ist tatsächlich bereits zu spät. Doch auch diese Katastrophe hat Stufen. Ich bin dafür, dass es nur ein bisschen schlimm wird und nicht ganz schlimm.

Wäre es nicht tragisch, wenn es ganz schlimm kommt, nur weil wir uns nicht trauen, ein wenig unperfekt zu sein, während wir für die Rettung unserer Welt eintreten?

Ich mit meinem Plakat. Auf der Rückseite steht „Soylent Green is People!

Exkurs: Soylent Green

Mit diesem Plakat habe ich im Sommer und im Herbst beim Klimastreik in Düsseldorf mitgemacht. Es ist etwas für Dystopie- oder Film-Nerds und ein wenig verkopft: Ich referenziere auf den Film „… Jahr 2022 … die überleben wollen“ (EN: Soylent Green) aus dem Jahr 1973. Da war ich selbst noch lange nicht geboren. Doch bereits 1973 waren die „Grenzen des Wachstums“ (der entsprechende Bericht des Club of Rome erschien 1972) der breiten Öffentlichkeit bekannt. Die Überfischung der Weltmeere und die globale Erwärmung sind Themen des Films. Nur eine kleine Elite hat dort 2022 genug und gut zu essen. Die Menschheit kann nur noch schwer ernährt werden. Daher gibt es am Ende Soylent Green und „Soylent Green ist Menschenfleisch!“

All die Umwelt-Katastrophen und auch, dass Soylent Green aus Menschenfleisch hergestellt wird, geht an der Gesellschaft schlicht vorbei. Es interessiert sie nicht.

Soylent Green soll eine der ersten Ökodystopien sein und spielt im fiktiven Jahr 2022. Als der Film erschien, war das eine weit entfernte Zukunft. 49 Jahre verblieben bis zur Dystopie. Jetzt sind es knapp drei.

Mehr Zeit bleibt uns auch nicht, um den Klimawandel mit einer Klima-Revolution zu bekämpfen: um uns aufzuraffen und zu erkennen, dass „weiter so“ hier nicht funktioniert; dass wir nicht so lange warten können, bis die Katastrophe uns die Entscheidung zum politischen Handeln abnimmt. Beim Klimawandel geht nicht, was sonst in der Politik immer geht: Abwarten, weil Veränderungen „politisch nicht durchsetzbar sind“. Es ist: Fünf nach Zwölf.

Es ist gar nicht so schwer, etwas weniger ins eigene Trinkwasser zu kacken. Wir müssen auch nicht warten, bis die anderen zuerst weniger ins Trinkwasser kacken. Wir können selbst damit anfangen, weniger ins Trinkwasser zu kacken, auch wenn die anderen erstmal weiter ordentlich ins Trinkwasser kacken. Sprichwörtlich natürlich.

Als Belohnung dafür, dass Ihr den ganzen Post gelesen habt, hier noch ein passendes Filmzitat aus Soylent Green und dem dortigen Jahr 2022: „Die Menschen waren immer schlecht. Nur die Welt war wunderschön.“