Pages

Categories

Suche



ÖPNV in NRW retten! Infrastruktur verfällt und niemand tut etwas.

ÖPNV in NRW retten! Infrastruktur verfällt und niemand tut etwas.

by
29. Dezember 2013
Allgemein, Blogbeitrag von Oliver Bayer
2 Comments

Im Dezember hat die Piratenfraktion im Landtag NRW den Antrag „Verfall der Infrastruktur und Rückbau des ÖPNV stoppen: Finanzmittel sichern und vorziehen, Kommunen beistehen.“ (PDF) und einen passenden Haushalts-änderungsantrag ins Plenum gebracht. Wir wollen nicht weniger als den ÖPNV in NRW retten und zugleich den Kommunen den Schwarzen Peter bei der Verkehrsfinanzierung aus der Hand nehmen:

Oliver Bayer am Rednerpult zum ÖPNV

Ich so im Plenarsaal…
„Wer hat sich um das Geld für den ÖPNV gekümmert?“
Minister Groschek war es nicht.

Verfall und Rückbau des ÖPNV müssen gestoppt werden! Die Große Koalition in Berlin hat sich auf kein vernünftiges Verkehrsinfrastrukturprogramm einigen können. Daher muss das Land jetzt Verantwortung übernehmen.

Die Altlasten bei der Instandhaltung zeigen uns außerdem, dass für die Zukunft unseres Verkehrssystems ein „weiter so“ nicht funktioniert; wir müssen eine Verkehrswende einleiten, deren zentraler Bestandteil ein attraktiver ÖPNV ist.

Mobilität wandelt sich.

Selbst wenn es nicht diese „äußeren Zwänge“ gäbe: einen langfristig steigenden Ölpreis, Umweltschutz, begrenzte Flächen, Forderungen des Gemeinwohls an Gesundheit, Lebensqualität und ein Grundrecht auf Mobilität für alle – und wenn es keine Forderungen der Politik gäbe, wie ein Klimaschutzgesetz NRW oder langfristige Sparmaßnahmen…

Selbst wenn wir dies alles ignorieren würden, dürften wir nicht erwarten, dass Mobilität morgen noch genauso aussieht wie heute oder wie die Konzepte von gestern.

Ideen und Moden können sich durchaus ohne die Politik entwickeln. Da muss man im Verkehrsbereich als Beispiel nichtmals Logistik-Drohnen von Amazon oder DHL heranziehen. Viele Menschen und auch einige Abgeordnete benutzen bereits heute begeistert Bordstein-CarSharing (Car2Go, DriveNow), eine Idee, die vor mehr als 20 Jahren erdacht wurde, aber heute plötzlich Realität ist und auch das Mobilitätsverhalten der Menschen ändert.

Ich halte die Politik jedoch dafür verantwortlich, für alle Mobilitätsszenarien Rahmenbedingungen zu schaffen und dauerhaft dafür zu sorgen, dass alle Teile der Bevölkerung an der Entwicklung teilnehmen können.

Im ÖPNV sehe ich daher das zentrale Element aller zukünftigen Mobilitätsszenarien und das zentrale Element der Mobilität, um das sich der Staat, also die Politik, also wir, kümmern müssen.

Daher haben wir, die Piratenfraktion, im NRW-Parlament bisher als einzige Fraktion Anträge zum Thema ÖPNV gestellt. Daher werden wir das Thema ÖPNV auch immer wieder im Landtag einbringen und alle anderen Politiker daran erinnern.

Aus dem Antrag:

Immer häufiger führt die finanzielle Notlage der Kommunen zu Überlegungen, zugunsten kurzfristiger Einspareffekte im Kommunalhaushalt Straßenbahnäste oder ganze Stadtbahn-systeme abzuschaffen. Sehr konkret sind die Überlegungen in der Stadt Mülheim an der Ruhr. Hier will der Rat am 18. Dezember 2013 über das Nahverkehrskonzept entscheiden. Nachdem bereits die Ersatzbeschaffung von Straßenbahnen reduziert wurde, sieht die entsprechende Verwaltungsvorlage die Stilllegung einer Teilstrecke des Straßenbahnnetzes vor. Die Bezirksregierung Düsseldorf droht Presseberichten zufolge mit der Rückforderung von 16,2 Millionen Euro Fördermitteln, was zunächst zum Einlenken der Stadt und zum Erhalt der Straßenbahnstrecke beitragen soll.

Ein attraktiver ÖPNV ist die mittelfristig einzige Möglichkeit, ein Grundrecht auf Mobilität für alle zu gewährleisten. Er ist unverzichtbar für die Klimaschutzziele des Landes, für die Lebensqualität in unseren Städten und die nachhaltige finanzielle Entlastung unserer Haushalte. Der ÖPNV hilft in Zukunft die Kosten der Verkehrsinfrastruktur zu senken, doch dazu müssen wir ihn zunächst erhalten.

Jeder Verkehrspolitiker weiß, dass sich der ÖPNV in NRW auch durch die Versäumnisse der Politik in der Vergangenheit, in einem beklagenswerten Zustand befindet. Das weiß auch die Landesregierung. Laut einer von ihr eingesetzten ÖPNV-Zukunftskommission beträgt allein für die nordrhein-westfälischen U- und Straßenbahnsysteme der Rückstau bei Erneuerungsinvestitionen 1,1 Milliarden Euro bis 2016 und insgesamt 3,1 Milliarden Euro bis 2025.

Der von der NRW-Landesregierung selbst ermittelte Instandhaltungs-Rückstau von 3,1 Milliarden Euro zum Erhalt allein der U- und Straßenbahnen in NRW kann nicht nur den hochverschuldeten Kommunen angelastet werden. Doch genau dies passiert derzeit. Die Landesregierung nimmt dabei in Kauf, dass der ÖPNV in NRW zurückgebaut statt wie empfohlen ausgebaut wird. Den Schwarzen Peter haben derzeit die Kommunen, den Schaden hat die Gesellschaft.

Kurzfristiges Fazit: Wir brauchen 1,1 Milliarden Euro bis 2016.

Frage: Woher? Wer hat sich darum gekümmert?

Wer hat sich überhaupt darum gekümmert, dass der ÖPNV finanziell nicht den Bach runtergeht?

Im Koalitionsvertrag des Bundes steht dazu nichts. Entflechtungsmittel sollen wider erwarten nicht erhöht werden und das Ablenkungsmanöver PKW-Maut darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass selbst die im Koalitionsvertrag der „Großen Koalition“ bundesweit zusammengerechneten 1,25 Milliarden Euro pro Jahr – insgesamt fünf Milliarden Euro zusätzlich für die Verkehrsinfrastruktur – nur ein Sechstel der zuvor von den Verhandlungspartnern ermittelten Summe darstellen, die zum Bestandserhalt der deutschen Verkehrsinfrastruktur dringend notwendig ist. Die Verkehrsminister der Länder und einige Kommissionen hatten zuvor 28.8 Milliarden Euro (7,2 Milliarden Euro pro Jahr) gefordert.

Dass wir davon bis 2016 alleine in NRW 1,1 Milliarden für den ÖPNV dringend brauchen, weiß scheinbar niemand.

Im Land NRW passiert auch nichts. Im ganzen Landeshaushalt gibt es lediglich 30 Millionen für das Sozialticket und die Finanzierung des Ausbildunsgverkehrs, durch dessen Reduzierung übrigens große Probleme auf die ländlichen Bereiche NRWs zukommen (siehe nw – „Schulweg soll teurer werden“). Der „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ verschlimmert die Situation in den meisten Städten – besonders bei den Empfängern, die vorher entsprechend zusammenstreichen müssen.

Und sonst? Bisher verweist Minister Groschek nur immer wieder auf den Bund. Mehr Regionalisierungsmittel aus Berlin soll es geben. Aber wann? Die Höhe ab 2015 soll zwar im nächsten Jahr überprüft werden, aber eigentlich warten wir da auf eine neue Föderalismusdebatte, die Jahre dauern wird.

Dann ist 2016 längst vorbei.

Was kann man tun? Spiegel Online schrieb zur Situation: „Und von den fünf Milliarden für die Verkehrsinfrastruktur wird NRW ebenfalls einen Gutteil beanspruchen.“ Genau dies wollen wir tun. NRW muss die Mittel, die ihm zustehen, beanspruchen und kann aufzeigen, wie dringend sie für den Erhalt einer besonders sensiblen Infrastruktur, des ÖPNV, benötigt werden.

Unser Vorschlag: Wir beanspruchen drei mal 354 Millionen Euro aus dem Bund für 2014, 2015 und 2016 für den ÖPNV. Das ist jeweils ein Drittel des Anteils für NRW, der sich nach dem Königsteiner Schlüssel ergeben würde und genau die Summe, die wir laut der ÖPNV-Zukunftskommission dringend zum Erhalt der U- und Straßenbahnen in NRW benötigen.

Um den Verfall der Infrastruktur und einen Rückbau des ÖPNV zu stoppen, fordern wir in dem Antrag von der Landesregierung eine entsprechende Verhandlung mit dem Bund, das Vorziehen der Bundesmittel mit Landesmitteln als Signal und zur Notfallversorgung, Transparenz bei der Verteilung der Verkehrsinfrastrukturmittel und erkennbares Handeln im Sinne einer Verkehrswende – auch um zukünftig öffentliche Haushalte zu entlasten.

Es gibt nun zwei Möglichkeiten: Entweder unser Antrag rettet den ÖPNV in NRW oder er startet eine entsprechende Debatte, weil Minister Groschek eingestehen muss, dass aus dem Bund für den Erhalt der Verkehrsinfrastruktur in NRW allen Beteuerungen zum Trotz kaum Gelder kommen werden und NRW schlecht verhandelt hat. Immerhin gilt es durchaus auch noch Straßen und Brücken zu sanieren.

Diese Debatte ist dann angesichts der Warnzeichen dringend notwendig, wenn wir den ÖPNV in NRW aufrechterhalten wollen. Wir werden daher im Ausschuss eine öffentliche Anhörung im Landtag beantragen, die dann vermutlich am 18. März 2014 stattfinden wird.

Dabei geht es bei den oben genannten Beträgen zunächst allein um vergessene Instandhaltung – um Altlasten. Für die Zukunft unseres Verkehrssystems darf auch deshalb ein „weiter so“ nicht gelten. Aus sozialer Verantwortung, Umwelt- und Klimaaspekten sowie für unsere zukünftigen Haushalte müssen wir eine Verkehrswende einleiten, deren zentraler Bestandteil ein attraktiver ÖPNV ist. Ein Lösungsansatz dies zu erreichen ist der umlagefinanzierte – und daher in seinem Betrieb für die öffentlichen Haushalte kostenneutrale – fahrscheinlose ÖPNV. Mindestens einen entsprechenden Modellversuch halten wir daher gerade unter dem Eindruck der unterfinanzierten Verkehrsinfrastruktur für geboten.

Die Landtags-Debatte zu unserem Antrag und zum Verfall der Infrastruktur und des ÖPNV in NRW hier im Landtags-Video ab 15:18 Uhr. Sehenswert sind auch die Reden aus den anderen Fraktionen.

Update am 30.12.2013 01:55 Uhr


2 Antworten

  1. Lückert

    31. Dezember 2013, 21:21:19

    Keine neuen Straßen , keine Route 57, Sanierung der vorhandenen Straßen und Brücken , Ausbau und Förderung des Schienenverkehrs , Ausbau des ÖPNV , Lärmreduzierung und Rücksicht auf die lärmgeschädigte Bevölkerung durch Straßen- , Schienen- und Luftverkehr

       

Kommentare sind geschlossen.