Ministerpräsidentin Kraft begann den heutigen Plenartag mit einer Regierungserklärung für NRW, die eher so eine Art Krimskrams-Kiste mit „MagaCool“-Aufdruck war.
Beim Jahresauftakt erwähnte sie zu Beginn Ihrer Rede noch einmal den Landesentwicklungsplan und den Klimaschutzplan. Es war ein letzter Hinweis auf die alten, bereits verdrängten Ziele der Landesregierung von 2012. Heute dazu kein Wort mehr, wohl weil die Ziele „von damals“ in der Regierungserklärung auch keine weitere Rolle spielen. Womöglich würde die Regierung den Klimaschutz als Landesziel lieber schnell wieder streichen, so schlecht, wie sie das Ziel verfolgt.

Neue Ziele hat die Landesregierung aber auch nicht zu bieten. Nordrhein-Westfalen wird ein Land ohne Ziel.

Den „Bund in die Pflicht nehmen“ und Vorhandenes irgendwie unter eine „Mega-Marke“ packen (wie man es bei „Heimat im Quartier“ auch bereits getan hat) heißt die durchgängig angewandte Übung. Die schönen Zahlen in der Rede sagen nichts, weil sie nur schlecht recherchiert den Ist-Zustand abbilden – und manchmal werden Haushaltstitel gar vergessen.

Lustig wird es immer, wenn Frau Kraft unkonkrete Absichtserklärungen mit völlig anderen banalen Zusicherungen verknüpft. Beispiel: Um eine Teststrecke für Autonomes Fahren einzurichten, sollen „Autobahnen im Ruhrgebiet digital vernetzt“ werden. Womit? Mit 60 elektronischen Hinweistafeln. Yeahh! Als ob hier das Handeln irgendeinen Bezug zum vorgenannten Ziel hätte. Autonom fahrende Autos brauchen keine Hinweisschilder, die brauchen vor allem einen Gesetzesrahmen. Die Hinweisschilder zeigen den selbstfahrenden Autofahrern in Zukunft vielleicht, wie viele Stunden sie noch im Stau stehen müssen, weil NRWs Infrastruktur – ob intelligent oder nicht – endgültig unter dem Credo des „weiter so“ zusammengebrochen ist.
Wenn die Landesregierung bereit für autonom fahrende Fahrzeuge ist, dann werden wir da gerne entsprechende Anträge vorlegen, die die gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen können und die Technologie dort fördern, wo sie der Gesellschaft besonders viel bringt: Im öffentlichen Personenverkehr.
Womöglich wird aber mit den Anträgen das gleiche passieren, wie mit den vielen anderen Anträgen, die wir bisher zum digitalen Leben im Landtag gestellt haben: Die Landesregierung ignoriert sie und macht gar nichts in dieser Richtung. Dass sie sich jetzt den digitalen Stempel aufdrückt, ist eigentlich eine Frechheit.

Frau Kraft liefert Flickwerk und wenn sie mal augenscheinlich Antworten liefert, dann sind es politische Antworten auf Fragen, die gar niemand mehr stellt.
Die Antworten auf die Fragen, die es nicht gibt, stammen von denen, die ihre heutigen Geschäftsmodelle in eine digitale Welt hinüberretten wollen. Eine einzig ehrliche Frage dazu wäre: „Wie können wir mit zunehmender Digitalisierung weiter machen wie bisher?“
Doch wer „Gründerland Nr. 1“ werden will, darf sich nicht an dem orientieren, was ihm die Geschäftsmodell-Besitzer von heute einflüstern.

„Wir sind die mit den Fragen“ schrieben wir PIRATEN auf unsere Wahlplakate – und es ist verdammt wichtig die Fragen zu kennen, die man mit seiner Politik beantworten möchte. Das fehlt der Regierungserklärung völlig: Die richtigen Fragen, die uns das Digitale Leben jetzt und in naher Zukunft stellt. Dieser Regierungserklärung liegen augenscheinlich überhaupt keine Fragen zugrunde.

Nachtrag 20.01.2015: Frau Kraft hat am Ende das Beispiel mit den elektronischen Autobahnschildern nicht mehr in ihrer Rede gebracht. Das passte wohl doch zu wenig zusammen. Es steht aber weiterhin im Programm und Frau Kraft blieb in ihrer Rede weiterhin bei der Konzentration auf den klassichen Individualverkehr und das Fortführen der alten Konzepte der Autoindustrie mit etwas mehr Digitalisierung. Nicht Neues. Keine Wende in Infrastruktur und Verkehr. Kein Schritt in Richtung der angeblichen Ziele Klimaschutz, Teilhabe und Zukunftsicherheit.

• Die Fraktion dazu: Drei Reden